Streuobstwiese

Die Wiese lebt

Streuobstwiesen zählen zu den artenreichsten Lebensräumen Mitteleuropas. Speziell Blüten besuchende Wildbienen, Honigbienen und Schmetterlinge profitieren vom vielfältigen Nektar- und Pollenangebot der blühenden Obstbäume und Wiesenpflanzen. Auch als Futterpflanzen für Schmetterlingsraupen sind Obstbäume wichtig, so entwickelt sich das seltene Große (Wiener) Nachtpfauenauge bevorzugt auf Kirschbäumen.

Einige Spechtarten wie etwa der Grünspecht, aber auch Wendehals oder Wiedehopf suchen ihre Nahrung gerne am Boden unter den Bäumen – sie sammeln dabei mit Vorliebe Ameisen und andere Insekten auf. Aber auch verschieden Säugetiere nehmen das Obst als Nahrungsquelle an, etwa der Igel oder der Siebenschläfer.


Die Wiese: Strategische Planung oder der Natur Raum geben?

Adriatische Riemenzunge

Im Venusgarten soll eine Obstwiese entstehen, eine duftende und blühende Wiese als Lebensraum für Bienen und Schmetterlinge, Insekten und Käfer. Eine Wiese, die lebt, summt und zirpt, die duftet und das Auge erfreut.
Leicht gesagt, aber schwergetan. Der Venusgarten war vor 50 oder 60 Jahren im unteren Steilstück noch ein Weingarten, im oberen flacheren Teil ein Obstgarten. Spargel wurde zwischen den Obstbäumen angepflanzt und zwischen den Weinstöcken wuchs der Weingartenknoblauch. Alles wurde sehr intensiv und gärtnerisch genutzt. Da der Einsatz von Maschinen nicht möglich war und sich die mühselige Handarbeit nicht lohnte, wurde die Nutzung aufgegeben. Die Folge: die Flächen verbuschten, der Wald breitete sich aus.


Es kreucht und fleucht

Alle Wiesenpflanzen wurzeln im Boden. Sie brauchen Wasser und Nährstoffe und bewirken damit eine Lebensgemeinschaft mit vielen Bodentieren, die sich die vorhandenen Quellen teilen und wechselseige Lebensgemeinschaften bilden. Das ist aber noch nicht alles: Viele Kleintiere leben am Boden, in der Streuschicht und verarbeiten dort die „Abfälle“ der Wiese, abgefallene Blätter, tote Stängel oder Verblühtes. Die Krautschicht, über 40 unterschiedliche Gräser, über 50 unterschiedliche Kräuter sowie die Blütenpflanzen, sind Herberge für viele Insekten und Käfer oder Nahrungsquelle für Bienen und Schmetterlinge.


Ein ausgeklügelter Lebensraum

Eine lebendige Wiese ist auch vielen Schwankungen ausgesetzt: Wind, Regen, Temperaturen, ob und wann sie gemäht oder beweidet wird, ob sie gedüngt wird, welche Beschaffenheit der Boden hat, ob der Boden sehr austrocknet oder feucht bleibt, ob die Wiese nach Süden in die Sonne oder nach Norden in den Schatten schaut. Es ist das Zusammenspiel dieser Kräfte und Einwirkungen und jedes Jahr kann sich etwas ändern oder verschieben. Und damit stellt sich die Frage, wie es eine vielfältige Blumenwiese mit ihrem vielen Bewohnern schafft, immer wieder ein ausgewogener Lebensraum zu sein.

Das Geheimnis: Geschlossene Kreisläufe und Gleichgewicht durch Vielfalt.

Naturwiesen beherben eine Vielfalt an Flora und Fauna

Der geschlossene Kreislauf

Frühjahr, Sommer, Herbst und Winter, eine immer wiederkehrende Abfolge im Jahreskreis. Danach verläuft auch das Leben von Wiesenpflanzen Insekten, Käfern und freilebenden Tieren. Im Frühjahr treiben sie aus, oder schlüpfen aus Eiern, oder beenden den Winterschlaf. Vom Sommer bis zum Frühherbst ist, abgesehen von einigen Ausnahmen, die Zeit der Reife, die Zeit der Blüte. Im Herbst geht es an die Vorbereitung fürs Überwintern, für den Einzug in Winterquartiere. Alles wächst im Jahreskreis, manches ist langlebig und überwintert, vieles aber ist kurzlebig und vergeht von Jahr zu Jahr.


Im Gegensatz zu den Menschen, kennt die Natur keinen Müll. Alles Abgestorbene wird verarbeitet und veredelt und als neuer Wertstoff in den Kreislauf zurückgeführt. Nichts bleibt übrig, nichts ist schädlich oder giftig.

Gleichgewicht durch Vielfalt

Die vielen kleinen und winzigen Bewohner einer Wiese sind nicht ungefährlich. Darunter gibt es Pilze oder Insekten, die der Wiese zusetzen können.

So gelten etwa Blattläuse für den Menschen als Schädlinge, weil sie zuckerhältigen Saft aus Pflanzen saugen, die Folge sind eingerollte Blätter. Sie schädigen zwar Pflanzen, sind aber gleichzeitig im Ökosystem nützlich. Von diesem Wechselspiel – schädlich und nützlich zugleich – ist das Leben in einer Wiese geprägt. Die Blattlaus hat viele Gegenspieler: Marienkäfer, Florfliegen oder Schwebfliegen: Sie sind imstande, eine Invasion der Blattläuse klein zu halten, können sie aber niemals zur Gänze ausrotten. Genau das führt zum Gleichgewicht in der Natur: Kein Nachteil ohne Vorteil und umgekehrt.


Insektenvielfalt in der Wiese

Insekten sind die mit Abstand artenreichste Klasse des Tierreiches, mehr als 900.000 verschiedene Arten sind wissenschaftlich beschrieben. Sie haben sich an unterschiedlichste Lebensweisen angepasst: Insekten können beißen (Käfer), stechen (Wanzen), saugen (Schmetterlinge) oder tupfen (Fliegen). Sie fressen Pflanzen, bestäuben Blüten oder jagen andere Insekten. Einige leben in großen Staaten wie die Bienen oder die Ameisen, andere leben allein (solitär), manche betreiben fürsorgliche Brutpflege, wieder andere legen ihre Eier einfach ab. Für alle Lebensräume sind sie von enorm großer Bedeutung: als Bestäuber für Obst, als natürliche Schädlingsbekämpfer, als Nahrungsquelle für Vögel.

Maikäfer

Die Anzahl und die Vielfalt an Insekten nehmen leider stark ab. ExpertInnen sprechen vom Insektensterben, manche Studien (z.B. entomologischer Verein Krefeld 2017) zeigen, dass in den letzten 30 Jahren weit mehr als die Hälfte der Insekten verschwunden ist – eine beängstigende Entwicklung!


Es gibt aber Lebensräume, in denen noch eine Vielzahl unterschiedlicher Insekten lebt. Dazu zählen die Streuobstwiesen: die Borke der knorrigen Bäume bietet vielen Arten Zuflucht und Überwinterungsmöglichkeiten, die blumenreichen Wiesen unter den Bäumen beherbergen Blütenbesucher, trockene Stellen ohne Grasbewuchs ermöglicht Grabwespen das Überleben, sogar das Fallobst ist für einige Arten wichtig.

Initiative Langenzersdorf